Ein Teppich voller Überraschungen

In den Ohren Naomis rauschte der Wind. Sie wartete schon lange auf ihren Vater. Wann würde er zurück kommen?
Ihre Mutter war schon seid Jahren tot, deshalb lebte sie allein mit ihrem Vater. Er war der Häuptling der Oase, deswegen waren sie eine sehr angesehene Familie. In Naomis Dorf musste alle ab achtzehn, egal ob Mädchen oder Junge, Jäger werden. Aber es war nicht so wie bei uns. Es gab Jäger wie wir sie kennen, es gab Jäger die Drachen erlegten und Jäger die Schätze suchten. Ihr Vater war ein Schatzsucher und brachte ihr immer etwas Besonderes mit.
Plötzlich war es so weit! Ihr Vater kam mit der Karawane zurück.

Als der Vater vom Pferd stieg, guckte sie neugierig in seinen Rucksack. Dort verstaute er die mitgebrachten Schätze, normalerweise Gold und Juwelen. Doch dieses Mal wurde Naomi enttäuscht. Es war ein staubiges, schweres Ding, welches sich dort verbarg. Sie zerrte es heraus. Es war ein Teppich!
Nicht mal besonders schön war er, alt und abgewetzt. Eine Träne stieg Naomi in die Augen. Die mitgebrachten Schätze waren der einzige Trost für sie gewesen, wenn ihr Vater wieder für lange Zeit wegging. Sie nahm sie manchmal mit in ihr Bett und träumte davon mit dem Vater zusammen unterwegs zu sein.

Abends vor dem Feuer kochte sie ihrem müden Vater einen Tee. Als ihr Vater etwas munterer aussah fragte sie: ,,Vater, was hat es mit dem Teppich auf sich?" ,,Liebes, diesmal wollte ich dir nicht nur hartes Gold mitbringen sondern etwas ganz Besonderes", antwortete der Vater. ,,Nur wenn du ein gutes Herz hast wird sich der Teppich vor deinen Füßen ausrollen und dich tragen. Doch meine Tage sind bald vorbei und du wirst die Anführerin des Stammes. Dein Geburtstag ist morgen und es ist sowohl dein 18.Geburtstag als auch mein letzter Tag."
Naomi traten Tränen in die Augen aber sie wischte sie fort und holte ihrem Vater eine Decke für die Nacht. Sie wollte ihn noch fragen wie seine Reise war, aber er schlief schon.Traurig ging sie in ihr Zimmer.

Am nächste Morgen wachte ihr Vater nicht mehr auf. Naomi rüttelte ihn, schrie auf ihn ein und hämmerte mit ihren Fäusten auf seine Brust. Vergebens. Sie ließ ihren Tränen freien Lauf. Ihr alter, lieber Vater hatte Recht behalten.
Sie fasste sich und machte sich auf den Weg um Momat, der Vertrauten ihres Vaters die Nachricht von seinem Tod zu bringen.

Es war ein merkwürdiger Tag. Stundenlang irrte Naomi wie benommen durch den Wald. Dann erinnerte sie sich an den Teppich. Sie kehrte zurück.
Als sie ihn aus dem Schrank nahm musste sie wieder weinen und durch den Tränenschleier sah sie, wie der Teppich sich langsam auf eine wundervolle Weise ausrollte. Er sah nun nicht mehr so alt aus, ganz im Gegenteil, er war wunderschön mit eigenartigen, ihr unbekannten Mustern. Als sie den Teppich berührte, ertönte ein Klang. Plötzlich wirbelte goldener Staub auf sie herab. Sie musste ihre Augen schließen, so sehr war sie geblendet vom Funkeln und Glitzern. Etwas geschah mit ihrer Hand. Sie fühlte wie jemand ihr einen Ring an den Finger steckte.

Naomi schüttelte sich, öffnete ihre Augen und entdeckte einen prächtigen blauen Juwel an ihrer Hand. Der Ring hatte ein sonderbares Muster. Das gleiche Muster war auf dem auf dem Teppich zu sehen. Als sie den Ring betrachtete, sah sie plötzlich den Namen ihrer Mutter vor ihren Augen. Ohne zu überlegen sprach sie ihn aus: ,,Jumona?" Der Teppich antwortete ihr mit der Stimme ihrer Mutter:,, Naomi!"

Naomi starrte wie verzaubert auf den Ring. ,,Bist du es Mutter?"
Wieder hörte sie die warme Stimme:,,Ja, ich bin es! Dein Vater wusste wann ihn seine Kräfte verlassen würden. Ich bin zu dir zurückgekehrt, damit du nicht ganz alleine leben musst. Ich ging früh fort von dir, ich weiß, viel zu früh. Dein Vater hatte versucht mich zu retten, doch seine Kräfte reichten nicht aus. Ich musste meine menschliche Hülle und dich zurücklassen. Doch nun, wo er nicht mehr für dich sorgen kann, kehre ich als Zauberteppich zurück. Steig auf!"

Naomi stieg auf und sie flogen gemeinsam über das Dorf.
Naomi wurde noch sehr berühmt mit ihren Teppich und lebte glücklich bis ans Ende ihres Lebens. Sie wurde eine gute Anführerin und bekam zwei Töchter.

Selma Gengiz


Zur Schriftstellerin:

Mein Name ist Selma Gengiz. Ich bin 11 Jahre alt.
Meine Familie kommt aus der Türkei. Ich bin jedoch in Deutschland geboren. In den Sommerferien fahre ich regelmäßig mit meinen Eltern und Geschwistern nach Izmir, um meine Oma zu besuchen.

Meine Oma lebt in einem alten Haus mit einem riesigen Garten.
Dieser Garten ist das Schönste für mich. Dort lese ich am liebsten und trinke Tee, oder lasse mir von meiner Oma Geschichten erzählen. Meine Oma ist die beste Geschichtenerzählerin der Welt. Ich bin gespannt, ob ihr meine Geschichte von Naomi gefällt.
geändert: Donnerstag, 19. Januar 2012, 14:22